Arbeitsgruppe legt Diskussionspapier vor: Schritte zu einer geschwisterlichen Kirche
Dominik Thali
«Zehn Schritte zu einer geschwisterlichen Kirche» heisst das Papier, das die achtköpfige Gruppe zur Diskussion stellt. Die Gruppe wurde damit beauftragt, nachdem Bischof Felix Gmür im Sommer 2016 im Gottesdienst mit der Pilgergruppe «Für eine Kirche mit* den Frauen» darum gebeten hatte, ihm Vorschläge für eine geschwisterliche Kirche zu machen.
«Den Aufbruch wagen»
Die Schritte – diese und die Erläuterungen dazu sind hier aufgeführt – sollen «einen Prozess auf den Weg bringen», heisst es im Begleitbrief zu dem jetzt verschickten Papier. Die Gruppe versteht dieses als «Wegbeschreibung» für die Diskussion vor Ort und lädt die Empfängerinnen und Empfänger ein, «den Aufbruch zu wagen, von der Basis bis zum Bischof». Die Schritte müssten mit Leben gefüllt werden, «in den Pfarreien und Kirchgemeinden, in den Gottesdiensten, in den Kirchenleitungen».
1 | Vertrauenskultur: Alle Mitarbeitenden bringen den Entwicklungen hin zu einer geschwisterlichen Kirche Wertschätzung entgegen, fördern den Dialog zwischen geweihten und nicht geweihten Frauen und Männern und stärken damit die Vertrauenskultur vor Ort, im Bistum und in der ganzen Kirche.
2 | Erneuerung des Gottesbildes: Alle Mitarbeitenden in der Verkündigung eignen sich eine Fülle von Gottesbildern an, die nicht ausschliesslich männlich, sondern explizit auch weiblich sind und darüber hinaus eine Weite zum Ausdruck bringen, die alle menschlichen Kategorien übersteigt. Diese Weite wird konsequent in Sprache und Liedern praktiziert.
3 | Bescheidenheit: Die Pfarreiteams verzichten auf jede Form von spiritueller Überhöhung von Ämtern und Menschen. Dies kann dadurch zum Ausdruck kommen, dass alle in einer schlichten Albe feiern und regelmässig beim Volk sitzen, als Zeichen, dass alle das Volk Gottes bilden.
4 | Pastoral der Präsenz: Pfarreileitungen fördern eine Pastoral der Präsenz und verzichten auf den Einsatz von Priestern ohne starken Bezug zur Pfarrei. Vor Ort wird eine vielfältige Kultur von Seelsorge, Wortgottesfeiern und anderen liturgischen Formen entwickelt.
5 | Raum für Innovation: Pastoralraumleitungen beginnen einen partizipativen Weg, um in den Pfarreien ohne Priester nach alternativen Formen zu suchen, damit Frauen und Männer das Mahl Jesu und sakramentale Zeichen feiern können.
6 | Gleichberechtigung: Die Kirchgemeinden stellen Mitarbeitende ein unabhängig von ihrer Lebensform oder ihrer sexuellen Orientierung. Sie achten bei Löhnen und bei Anstellungen auf Gleichbehandlung von Frauen und Männern und sorgen für ein ausgewogenes Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit.
7 | Spezifische Frauenförderung: Die Regionalleitungen lancieren zusammen mit den Pastoralraumleitungen ein spezifisches Förderprogramm für Frauen mit dem Ziel, dass die Pastoralräume und die Pfarreien zu gleichen Teilen von Frauen und Männern geleitet werden – auch durch gemischte Leitungsteams.
8 | Generalvikariat mit Frauen und Männern: Der Bischof setzt analog der Bischofsvikariate ein Generalvikariat ein mit Frauen und Männern und achtet in den verschiedenen Leitungsgremien auf deren paritätische Vertretung.
9 | Beispielhaft gestaltete Feiern: Der Bischof gestaltet die Gottesdienste beispielhaft in einem ausgewogenen Miteinander von aktiven Frauen und Männern an Ambo, Altar und im Chorraum.
10 | Menschenrechtsbasierte Kirche: Der Bischof gestaltet die Bistumsleitung auf der Basis der Menschenrechte im Sinne einer synodal-verfassten Gewaltenteilung (z. B. Rekursrecht, Schlichtungsstelle, …). Damit stärkt er in der Kirche insbesondere die demokratische Partizipation und die Gleichberechtigung von Frau und Mann.
Schlusswort | «Wir alle sind die Veränderung. Wir gehen weiter auf unserer Pilgerreise hin zu einer Kirche gleicher Würde und Rechte aller. Schaffen wir uns Anders-Orte des Glaubens in unserer Kirche, an denen wir diese Vision einer geschwisterlichen und gerechten Kirche leben.» (Maria 2.0)
Für die Arbeitsgruppe skizzieren die «Zehn Schritte» den «Weg zurück zu einer glaubwürdigeren Kirche», sagt Iva Boutellier, Mitglied der Synode. Herbert Gut, Pfarreileiter in Luzern, sieht darin ein «Zukunftsbild mit Strategiecharakter, das einen gemeinsamen Aufbruch aller kirchlichen Ebenen» beschreibe. Darin seien die umfassende Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung von Männern und Frauen, Macht und Machtteilung wichtige Fragen, ergänzt Synodalratspräsidentin Renata Asal Steger.
Die Kirche müsse «auf dem Weg bleiben», fasst Boutellier zusammen. «Man soll nicht einfach sagen: Man kann nichts machen.» Dies anerkannte auch Bischof Felix Gmür, als ihm die «Zehn Schritte» Ende Januar als erstem vorgestellt wurden: «Die Kirche befindet sich in einer Umbruchsituation.»
Das Anliegen namentlich unterstützen
Die «Zehn Schritte» sind auf einem Faltblatt zusammengefasst, das an viele Interessengruppen verschickt wird. Auf der Webseite www.geschwisterliche-kirche.ch finden sich Erläuterungen dazu. Interessierte können sich dort zudem mit ihrem Namen eintragen und damit bezeugen, dass sie das Anliegen mittragen.
Bischof Felix Gmür hat am Freitag, 17. April 2021, gegenüber dem Pfarrblatt Bern Stellung genommen zu den «Zehn Schritten». Beitrag auf kathbern.ch
Nachtrag
Das Projekt «Geschwisterliche Kirche» ist abgeschlossen. Die Liste der Personen, welche die Initiative unterstützen, ist nicht mehr abrufbar; die Webadresse geschwisterliche-kirche.ch führt nun auf diesen Beitrag.
Mitglieder der Arbeitsgruppe
Der synodalrätlichen «Arbeitsgruppe für eine geschwisterliche Kirche» gehören an:
- Renata Asal-Steger, Synodalratspräsidentin
- Walter Bühlmann, Alt-Regens
- Iva Boutellier, Synodale, Co-Präsidium
- Herbert Gut, Pfarreileiter St. Johannes Luzern
- Regina Käppeli, Kirchenrätin und Synodale
- Peter G. Kirchschläger, Professor für Theologische Ethik, Theologische Fakultät, Universität Luzern, Co-Präsidium
- Sr. Beatrice Kohler, geistliche Begleiterin
- Roger Seuret, Pfarreileiter, Altishofen