Caritas Luzern: Not, Armut und die Lichtblicke darin
Dominik Thali
Advent, Weihnachten: «Das ist für viele ‹mit mir›-Kinder die Zeit», sagt Nicole Scherer. «Samichlaus und Grittibänz, Guetsle oder Kerzenziehen – alles Bräuche, die Mädchen und Buben aus anderen Kulturen oft nicht kennen.» Advent, Weihnachten: «Das ist für Menschen in Armut eine schwierige Zeit», sagt Antje Sonntag. «Die Rechnungen stapeln sich, da bleibt für das Feiern mit der Familie oft wenig übrig.»
«Sehr schöne Geschichten»
Alltag bei der Caritas Luzern, der Partnerin der Kirche in der Diakonie. Nicole Scherer leitet das Projekt «mit mir», in dem freiwillige Gotten und Göttis mit Kindern von drei bis zwölf Jahren ein- oder zweimal im Monat Freizeit verbringen. Die Kinder erhalten Aufmerksamkeit geschenkt, lernen eine andere Welt kennen und entdecken neue Fähigkeiten. «Das stärkt auch ihr Selbstvertrauen», sagt Scherer. «Mit mir» richtet sich an sozial benachteiligte Familien: Da leben fünf Personen in einer engen Zweieinhalbzimmer-Wohnung, kommt eine alleinerziehende Mutter kaum über die Runden, sprechen Eltern aus einem anderen Kulturkreis wenig Deutsch. Manche Familiensituation machten sie betroffen, sagt Scherer. Andererseits erfahre sie immer wieder von «sehr schönen Geschichten». Zum Beispiel von jenem ehemals schüchternen Mädchen, das es vergangenen August in die Kantonsschule schaffte. «Die Begleitung durch ihre Gotte hat bestimmt dazu beigetragen, dass sie ihr Potenzial abrufen konnte.»
Scherer betreut zurzeit rund 80 Patenschaften, die Nachfrage ist anhaltend hoch. Seit «mit mir» 2008 im Kanton Luzern gestartet wurde, konnten über 250 Patenschaften vermittelt werden. Wer Gotte oder Götti sein will, muss mindestens 20 Jahre alt sein und wird in ihrer/seiner Aufgabe begleitet. Die meisten seien 25 bis 40 und nicht etwa Rentnerinnen und Rentner. «Viele waren früher in der Pfadi oder Jubla aktiv und wollen weiter etwas mit Kindern machen», stellt Scherer fest. Die Gotten und Göttis verpflichten sich für drei Jahre.
Noch ein paar Franken bis zum Monatsende
Belastende Umstände sind auch für Antje Sonntag von der Sozial- und Schuldenberatung der Caritas Luzern der Ausgangspunkt ihrer Arbeit. Sie kommt mit ihrem Team seit Ausbruch der Pandemie kaum zum Durchatmen. Corona führte 2020 zur «grössten Hilfsaktion in der Geschichte der Caritas Luzern», sagt Geschäftsleiter Daniel Furrer. Gut 750 Personen ersuchten um Soforthilfe, gegen 670 000 Franken wurden ausbezahlt.
Gespräche vor Ort sind zwar längst wieder möglich und die neuen Abläufe eingespielt. Die Not ist aber mitnichten kleiner geworden. Sie rechne vielmehr damit, dass die Zahlen hoch blieben, sagt Sonntag und bringt ein Beispiel: «Menschen, die jetzt noch Arbeitslosengeld beziehen, werden ja einmal ausgesteuert, wenn sie keine neue Stelle finden.» Im Niedriglohnsektor und bei tiefem Bildungsniveau komme es leicht dazu. Die Sozial- und Schuldenberaterinnen der Caritas sässen immer wieder Menschen gegenüber, die sagten, ihnen blieben nur noch ein paar Franken bis zum Monatsende, berichtet Sonntag. In solchen Notfällen gibt sie zum Beispiel Einkaufsgutscheine für die Caritas-Märkte ab. «Unkompliziert, damit jemand mal wieder den Kühlschrank füllen kann.» Die Caritas Luzern arbeitet zudem eng mit den kirchlichen Sozialberatungen zusammen.
Caritas setzt sich in der Pandemie intensiv für Menschen in der Not ein. Antje Sonntags Lichtblick darin: «Wir haben nicht nur höhere Ausgaben, sondern auch mehr Spenden. Dafür bedanken wir uns herzlich.»