Kirchenparlament macht Druck auf das Bistum
Dominik Thali
Die Synode hat sich an ihrer Herbstsession von heute Mittwoch (8. November 2023) mit 76 gegen 12 Stimmen für die schärfere von zwei Dringlichen Motionen entschieden, mit denen die Luzerner Landeskirche nun auf die im September veröffentlichte Missbrauchsstudie reagiert. Mit der einen Motion hatten sechs der sieben Fraktionen – alle mit Ausnahme von Entlebuch –beantragt, dem Bistum seien «per sofort» fünf Forderungen zu übermitteln: Es brauche unabhängige Untersuchungen und eine unabhängige Meldestelle, es dürften keine Akten mehr vernichtet werden und die päpstliche Nuntiatur müsse ihr eigenes Archiv öffnen. Schliesslich müsse die Kirche von ihrer «lebensfeindlichen und homophoben Sexualmoral» abrücken. Gemeint ist damit, dass das partnerschaftliche Leben von kirchlichen Mitarbeitenden weder anstellungs- noch kündigungsrelevant sein soll – eine der vier Forderungen, welche die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ) schon Ende September an die Bischöfe gerichtet hatte.
Ob diese Massnahmen umgesetzt werden, muss eine Sonderkommission regelmässig prüfen. Diese wird dem Parlament zudem an der Herbstsession beantragen, ob die zweite Hälfte des jährlichen Luzerner Bistumsbeitrags 2024 – 442‘000 Franken – ausbezahlt wird. Für den Entscheid muss die Kommission einen Kriterienkatalog erarbeiten. Der Luzerner Bistumsbeitrag wird immer in zwei Tranchen ausbezahlt. Nächstes Jahr kann das Bistum nun aber erst mit der ersten Tranche fest rechnen. Der entsprechende Antrag kam in der Beratung des Budgets 2024 mit 59 gegen 30 Stimmen durch.
Die Fraktion Entlebuch wollte in ihrer Motion, der zweiten, weniger weit gehen und von einer Sonderkommission wie von finanziellem Druck nichts wissen. Der Synodalrat solle die Forderungen der RKZ unterstützen und «mit dem Bischof und der Bistumsregionalleitung geeignete Umsetzungsschritte in unserem Bistum» sorgen. Der Synodalrat wiederum sprach sich für die erste Motion aus, lehnte es aber ab, mit einer Beitragskürzung zu drohen. Ein Antrag schliesslich, den Bistumsbeitrag 2024 ganz zu streichen, erzielte nur wenige Stimmen.
Mit oder ohne finanziellen Druck?
Damit standen sich zwei Haltungen gegenüber. Es sei wichtig, im Gespräch zu bleiben, betonten beide Seiten. Uneins war man sich jedoch, ob es zusätzlich finanziellen Druck brauche. Das Vertrauen sei zwar «angekratzt», räumte Synodalratspräsidentin Annegreth Bienz-Geisseler ein. Geld zurückzubehalten sei aber «nicht zielführend». Die Beteiligten müssten sich vertrauen können und gemeinsam vorgehen. Von «miteinander Kirche sein» sprach der Synodale Urs Corradini (Schüpfheim). Adrian Wicki (Ruswil) meinte, es sei «einfach nicht wahr, dass sich in der Kirche nichts ändert», und Michael Brauchart (Weggis) bat darum, dem Bischof doch die Chance zu geben, nun seine Arbeit machen zu können.
Thomas Arnet, der die überwiesene Motion vertrat, widersprach solchen Aussagen nicht. Die Synode müsse aber Verantwortung übernehmen. Sie solle den Prozess der Aufarbeitung begleiten und beobachten. «Diese Aufgabe wollen wir nicht irgendwohin delegieren.» Roger Seuret (Altishofen) fand, es sei gerechtfertigt, den Bistumsbeitrag mit «klaren Erwartungen» zu verknüpfen. Er stelle einen «massiven Vertrauensverlust» fest. Susanna Bertschmann (Luzern) erwähnte die hohen Austrittszahlen und meinte, es brauche «moderaten Druck», um den Forderungen der Motion Schlagkraft zu verleihen. «Das Kirchenvolk erwartet das.»
Budget genehmigt
Nach der Diskussion über den Bistumsbeitrag genehmigte die Synode den Voranschlag 2024 ohne weitere Änderungen. Dieser sieht bei einem Aufwand von rund 11,4 Millionen Franken einen Überschuss von 290‘000 Franken vor. Der Beitragssatz der Kirchgemeinden bleibt bei 0,021 Einheiten. Die Finanzen der Landeskirche sind gesund; der finanzverantwortliche Synodalrat Armin Suppiger rechnet für das laufende Jahr mit einem Plus, das höher sein werde als die veranschlagten 200‘000 Franken. Er deutete aber an, dass die hohen Austrittszahlen sich bemerkbar machen würden.
Neuer Synodalverwalter gewählt
Nach den Zahlen ging es an der Session um Wahlen. Zum neuen Synodalverwalter wählte die Synode einstimmig Charly Freitag (Gunzwil). Er löst im nächsten Juni Edi Wigger (Wauwil) ab, der dann nach 15-jähriger Tätigkeit in Pension geht. Freitag (45), Wirtschaftsinformatiker und Jurist, war unter anderem Gemeindepräsident von Beromünster und Kantonsrat. Aktuell ist er selbständig als Berater für Strategieentwicklungen und in der Projektleitung tätig.
Alle zwei Jahre werden die Präsidien von Synode und Synodalrat neu bestellt. 2024 und 2025 führt Susan Schärli-Habermacher (Beromünster) das Parlament; sie übernimmt das Präsidium von Benjamin Wigger (Marbach). Neuer Vizepräsident ist Walter Hofstetter (Luzern). Neue Präsidentin des Synodalrats, der Exekutive, ist Sandra Huber (Willisau), neuer Vizepräsident Thomas Räber (Gelfingen).
Ausserdem hat die Synode…
- das neue Lastenausgleichsgesetz in 2. Lesung sowie den Synodalbeschluss über die Höhe der anrechenbaren Lasten gutgeheissen. Beides gilt ab dem 1. Januar 2024.
- das Gesetz über den Fonds zur finanziellen Unterstützung von Aus- und Weiterbildungen von kirchlichem Personal in 1. Lesung gutgeheissen.
- Einen Kredit von 163‘200 Franken für das Projekt «Chance Kirchengesangbuch» beschlossen.
- den Anschluss der Landeskirche Luzern an die «Allianz Gleichwürdig Katholisch» beschlossen.
- Baubeiträge im Gesamtbetrag von 44‘700 Franken gesprochen für die Kirchgemeinden Flühli, Hergiswil, Hohenrain, Luthern, Marbach und Pfeffikon.
- vom Jahresprogramm 2024 des Synodalrats, von dessen Aufgabenplan bis 2028 und sowie dem Finanzplan für die nächsten fünf Jahre zustimmend Kenntnis genommen.
- Inge Venetz (Sursee), Susanna Bertschmann (Luzern) und Adrian Moroni (Hochdorf) neu in die Delegiertenversammlung der Migrantenseelsorge gewählt.