Sachseln-Wallfahrt sprach erstmals Menschen mit Hörbehinderung besonders an
Dominik Thali
Das Lebenszeugnis von Niklaus von Flüe und dessen Ehefrau Dorothea zeige, «dass Frieden immer mit Integrieren von Gegensätzen zu tun hat», sagte Fabienne Eichmann. Und dass es sich lohne, Fenster zu öffnen und selbst widersprüchliche Ideen zusammen zu sehen. Eichmann ist seit August Behindertenseelsorgerin der katholischen Kirche im Kanton Luzern. Sie verwob in ihrer Predigt ihre neue Aufgabe, das Leben von Niklaus und Dorothea und die von Krieg, Flucht und Not geprägte Gegenwart. Die Menschen, mit denen sie arbeite, hätten alle ihre Einschränkung nicht selber gewählt. «Niemand wird gefragt, ob es ihm oder ihr passt, plötzlich im Rollstuhl zu sitzen. Oder ob es in Ordnung sei, das Augenlicht zu verlieren», sagte Eichmann. Sie denke auch an die Unsicherheiten, die viele von uns aktuell beschäftigten. «Erst erschüttert ein Virus unser Vertrauen. Und seit Februar wütet ein Krieg fast vor unserer Haustüre und stellt unsere Selbstverständlichkeiten in Frage. Plötzlich ist etwas Wirklichkeit, was man und frau bis anhin für Unvorstellbar hielt.» Aber es gebe «kein Leben ohne Beschränkungen und Nebenwirkungen», ist sich Eichmann sicher.
In die oft so unbarmherzige Wirklichkeit hinein verheisse Jesus im Tagesevangelium: Selig, ihr Armen. Selig, die ihr jetzt hungert. Oder: Selig, die ihr jetzt weint. Er beglückwünsche also ausgerechnet jene Menschen, die sich gebrochen und kaputt fühlen. Das könne zynisch anmuten. Jesu‘ Worte seien aber auch kraftvoll und prophetisch, und von diesem Gott gebe Bruder Klaus Zeugnis. «Seine besondere Friedfertigkeit erzählt von einem Mut, der durch die eigene Verletzlichkeit gegangen ist.»
Sehr viele Pilgerinnen und Pilger
Die Predigt von Fabienne Eichmann und die spätere Andacht in der unteren Ranftkapelle wurden – erstmals an der Sachsler Wallfahrt – in die Gebärdensprache übersetzt. Dafür verantwortlich war Dolmetscherin Agnes Zwyssig. Das neue Angebot bewegte eine Handvoll Menschen mit einer Hörbehinderung, an der Landeswallfahrt teilzunehmen, zusammen mit rund 200 Personen, einer Beteiligung wie noch kaum je in jüngster Zeit.
Pilgerleiter Bruno Oegerli gestaltete die Wallfahrt abwechslungsreich. Im Gottesdienst in der Pfarrkirche Sachseln sang der Lumina-Chor Rain unter der Leitung von Andreas Wüest, in der Andacht in der Ranftkapelle musizierten Kurt Räber (Klarinette) und Hansruedi Muff (Saxophon), derweil Oegerli selbst zur Gitarre griff und dazu Mundharmonika spielte.
Zur Andacht stiess die Gruppe zur Pilgerschar, die sich frühmorgens in Stans zu Fuss auf den Weg in den Ranft gemacht hatte. Anschliessend lud die Landeskirche – inzwischen wie gewohnt – alle Pilgerinnen und Pilger zum Apéro und Mittagessen ein.