Simea Schwab, Leben mit einer Beeinträchtigung: Am Ende bleibt Gottes Wertschätzung
Simea Schwab
«Wann haben Sie, geschätzte Lesende, zum letzten Mal ein wirklich berührendes und echt gemeintes Kompliment erhalten? – Als freiberufliche Theologin erhalte ich nicht selten Komplimente zu meinen Referaten. Und als Frau, die seit Geburt mit einer körperlichen Beeinträchtigung lebt, gratuliert man mir öfters zu meiner positiven Lebenshaltung und Ausstrahlung. Einerseits freuen mich solche Worte sehr. Denn sie sind Ausdruck von Wertschätzung für mich und meine Arbeit. Andererseits beschleicht mich manchmal die Angst, zu stark von Komplimenten abhängig zu werden.
Daran gibt es nichts zu rütteln
Ja, meine Freude an Komplimenten darf ungetrübt sein. Nein, in Abhängigkeit davon geraten, das möchte ich lieber nicht. Mir ist es wichtig, den Ursprung aller Wertschätzung nicht aus den Augen zu verlieren: Gottes Ja zu mir, mit allen Sonnen- und Schattenseiten, seine Liebe und Geduld für mich, das ist die Wertschätzung, auf die ich mein Leben bauen will. Am Ende eines Tages, möge er noch so missglückt erscheinen, bin ich immer noch die von Gott geliebte, angenommene, wertgeschätzte Simea. Daran gibt es nichts zu rütteln! Dies gibt mir Halt in einer Welt, in der das Leistungsdenken alle unsere Lebensbereiche zu erobern droht.
Gottes Nähe suchen, wenn man sich allein fühlt
Nun mögen Sie vielleicht einwenden: Dieses Ja Gottes für jeden Menschen, wie kann man das spüren und erfahren? Richtig! Die Wertschätzung von Mensch zu Mensch ist ein Ausdruck für die göttliche Wertschätzung. Aber eben, nur eine Ausdrucksform! Genauso ist es die Tatsache, dass wir atmen, hören, sehen, riechen und schmecken dürfen. Und ebenso ist es die Natur, die frische Luft, das Trinkwasser, die Wälder und Felder, der Sonnenaufgang und Untergang und so weiter. Schliesslich finden wir Gottes Wertschätzung für uns auch in der Bibel. Zum Volk Israel im babylonischen Exil – und damit zu uns allen – sagt Gott durch den Propheten Jeremia: «Denn ich weiss, was für Gedanken ich über euch hege, spricht der Herr, Gedanken des Heils und nicht des Unheils. Ich will euch eine Zukunft und Hoffnung geben.» (Jeremia 29,11). Und weiter in Vers 13 ermuntert uns der Prophet: «Wenn ihr mich sucht, so sollt ihr mich finden.»1
Wenn wir uns also manchmal im Exil fühlen, verraten, verlassen, alleine, geknickt und wertlos, dann lasst uns Gottes Nähe suchen und bei ihm Wertschätzung finden.»
Simea Schwab (51) ist freischaffende Theologin, Erwachsenenbildnerin und Autorin. Sie lebt seit ihrer Geburt mit einer schweren körperlichen Behinderung, gestaltet ihr Leben aber auch ohne Arme sehr aktiv. Simea Schwab lebt in Kerzers FR.