Sonnenstrom auch vom Kirchendach?
Photovoltaik-Anlagen auf kirchlichen Gebäuden
Dominik Thali
Das Dach des Kirchenzentrums Buchrain, auf dem Kirchgemeindepräsident Peter Kaufmann steht, ist ein Kraftwerk. 231 Quadratmeter gross ist die Photovoltaikanlage; etwa 150 000 Kilowattstunden (KWh) Strom hat sie seit dem Bau 2018 produziert. Im Jahr zuvor hatte die Kirchgemeinde bereits die Ölheizung durch den Anschluss an ein Fernwärmenetz ersetzt. Grüne Kirche, Bewahrung der Schöpfung? Klar, findet Kaufmann: «Wir sind und bleiben am Thema dran.» An seiner jüngsten Klausur beschloss der Kirchenrat Buchrain, das Umweltzertifikat «Grüner Güggel» zu erwerben (siehe Kasten). Kaufmann würde zudem gerne auf dem Dach der alten Dorfkirche Sonnenstrom produzieren.
Denkmalpflege bremst
Für die Pfarrkirche Finsterwald im Entlebuch ist das bereits beschlossen. Die Kirchgemeindeversammlung hat am 5. Dezember 95 000 Franken für eine 220 Quadratmeter grosse Photovoltaikanlage bewilligt. Derzeit läuft das Bewilligungsverfahren für die gesamte Aussensanierung. Der Kirchenrat sei überzeugt, «mit diesem Projekt einen kleinen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Bewahrung der Schöpfung zu leisten», sagt Präsident Pius Hofstetter.
Sonnenstrom vom Kirchendach ist freilich nicht selbstverständlich. Buchrain und Finsterwald sind – neben Hohenrain – die Ausnahmen. Grund: Diese Kirchen sind zwar als erhaltens- oder schützenswert eingestuft, aber nicht im kantonalen Denkmalverzeichnis aufgeführt. Bei solchen Kirchen kann die kantonale Denkmalpflege nur beraten, nicht aber entscheiden.
Auf denkmalgeschützten Kirchen hingegen sind Solaranlagen kaum möglich, wie die kantonale Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder deutlich macht. Es werde im Einzelfall geprüft, ob eine Solaranlage mit den Schutzzielen vereinbar sei, aber die Kirchen nähmen unter den denkmalgeschützten Bauten eine Sonderstellung ein, sagt sie. Kirchen seien kunst- und kulturhistorisch besonders wertvolle Gebäude, die durch ihre Lage und Grösse Dörfer oder Gemeinden prägten und deshalb «möglichst ungeschmälert zu erhalten» seien, erklärt Grünenfelder. Der Verlust der bauzeitlichen Eindeckung und der Materialwechsel beeinträchtigten aber den Wert des baukulturellen Erbes und veränderten das Erscheinungsbild stark. Aus diesen Gründen seien «Solaranlagen auf Kirchendächern denkmalpflegerisch problematisch».
Stören Photovoltaikanlagen das Ortsbild?
Der Buchrainer Kirchgemeindepräsident Peter Kaufmann versteht Grünenfelders Erklärung, bedauert aber, dass sich die Denkmalpflege «mit energetisch sinnvollen Investitionen nicht anfreunden» könne, wie er sagt. Sein Wolhuser Kollege Philipp Steffen anderseits nimmt die Denkmalpflege in Schutz. Diese sei zwar «eine grosse Hürde, manchmal aber auch zurecht». Steffen bezweifelt, ob eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der Wolhuser Kirche und des Josefshauses «fürs Ortsbild wirklich dienlich» sei.
Vor diesem Hintergrund sind Auseinandersetzungen programmiert. Denn es gibt derzeit in etlichen Kirchgemeinden «sonnige» Pläne:
- Römerswil hat im Investitions- und Aufgabenplan für 2024 eine Photovoltaik-Anlage auf dem Kirchendach vorgesehen. «Mit der heute möglichen Farbgebung der Panels sollte doch eine optisch verträgliche Lösung zu finden sein», findet Kirchgemeindepräsident Toni Wiederkehr.
- Knutwil möchte laut Kirchgemeindepräsident Thomas Arnet ebenfalls eine Solaranlage auf das Kirchendach setzen. Arnet schlägt vor, die Landeskirche solle für solche Projekte mit der Denkmalpflege ein einheitliches Vorgehen festlegen.
- In Willisau ist eine Photovoltaik-Anlage auf dem Kirchendach für Kirchgemeindepräsidentin Evelyne Huber «eine Vision».
- In Hildisrieden prüft der Kirchenrat, im Zug der anstehenden Kirchendachsanierung eine Photovoltaikanlage zu installieren. «Das würde unsere Wärmepumpenheizung optimal ergänzen», sagt Kirchgemeindepräsident Fritz Amrein.
Solaranlagen auf kircheneigenen Gebäuden, die nicht Sakralbauten sind, gibt es derweil schon viele, weitere sind geplant. Oberkirch hat schon lange für das Warmwasser eine solarthermische Anlage. Die Migrantenseelsorge produziert seit vier Jahren auf dem Dach des Centro Papa Giovanni in Emmenbrücke Sonnenstrom. Die 200 Panele lieferten 2022 gut 63 000 Kilowattstunden, von denen das Centro 40 Prozent selbst verbrauchen konnte. Ebikon stattete 2018 die Wohnüberbauung Höfli mit einer 232 Module starken Photovoltaik-Anlage aus. In Willisau und Littau fliesst Strom vom Dach kirchgemeinde-eigener Wohnhäuser, in Littau zusätzlich vom Pfarrsaal-Dach, in Zell von einem anderen Kirchenbau. Meggen rüstet dieses Jahr das Pfarreizentrum nach. Nebikon prüft eine Photovoltaik-Anlage auf dem Pfarrhausdach, Schötz-Ohmstal auf dem eigenen Mehrfamilienhaus und Wolhusen auf dem Pfarreiheim. Malters schliesslich produziert Sonnenstrom schon lange auf dem Pfarrhausdach, saniert nächstens das Sigristenhaus und installiert dabei ebenfalls eine Photovoltaik-Anlage.
Die «Praxis der kleinen Schritte»
Solaranlagen sind allerdings nicht der einzige Bereich, in dem sich die Luzerner Kirchgemeinden für die Umwelt einsetzen. In Oberkirch zum Beispiel ist das Thema «Bewahrung der Schöpfung» im Leitbild verankert. «Energieffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien werden gefördert», heisst es darin. Aber auch: «Wir setzen (…) auf eine Praxis der kleinen Schritte.»
Grosse sind in finanzschwachen Kirchgemeinden wie beispielsweise Luthern gar nicht möglich. Gleichwohl sind hier die Gebäude an eine Holzschnitzel-Fernheizung angeschlossen oder wird die Beleuchtung auf LED umgestellt. «Und ums Pfarrhaus haben wir schon lange eine Ökowiese», sagt Kirchgemeindepräsident Ueli Portmann. Mehr Natur ist auf den ersten Blick oft unscheinbar: So hat die Kirchgemeinde Zell zusammen mit der Albert-Koechlin-Stiftung eine Trockenmauer gebaut, wo sich seither Zauneidechsen wohlfühlen.
Synodalrat setzt sich für «Kirche und Klima» ein
All dies sind Massnahmen im Sinn des Synodalrats, der «Kirche und Klima» zu einem seiner Legislaturziele gemacht hat. Geplant ist laut Präsidentin Annegreth Bienz-Geisseler als erstes eine detaillierte Erhebung, wie sich die Kirchgemeinden für die Umwelt engagieren. Daraus sollen dann Massnahmen abgeleitet werden.