Diakonie / Freiwilligenarbeit | Migration und Integration

Freiwillige geben wertvolle Zeit weiter

Mahperi Elma von der Caritas Luzern im Interview

Wertschätzung? In den zwei Jahren mit diesem Schwerpunktthema fragt das «Kirchenschiff» Personen nach ihrer Meinung und ihren Erfahrungen dazu. In dieser Ausgabe: Mahperi Elma sucht als Projektleiterin des Caritas-Projekts «zäme vorwärts» Mentor*innen für Geflüchtete aus der Ukraine.
Bild: Mahperi Elma, Projektleiterin von «zäme vorwärts» bei Caritas Luzern.
Begleitet Geflüchtete und Mentor*innen: Mahperi Elma, Projektleiterin von «zäme vorwärts» bei Caritas Luzern. | © 2023 Fleur Budry

Ein Jahr Krieg in der Ukraine und kein Ende in Sicht – was können wir hier in der Schweiz überhaupt tun?
Mahperi Elma:
 Letzten Sommer konnten wir bei der Caritas Luzern das Projekt «zäme vorwärts» für die ukrainischen Geflüchteten initiieren. Seit Oktober bringe ich freiwillige Mentor*innen und Geflüchtete zusammen, vermittle. Mit dieser Alltagsbegleitung wollen wir die ersten Schritte hier in der Schweiz etwas erleichtern. Bisher konnten wir 32 Tandems bilden, das Ziel waren 70. Das Projekt läuft noch bis Ende Jahr.

Hat die Hilfsbereitschaft wieder abgenommen?
Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine haben wir eine hohe Bereitschaft gespürt. Viele sagten: «Jetzt muss ich etwas tun!» Das Bewusstsein hat aber wieder abgenommen, dass es eben auch um die Bereitschaft geht, die Situation noch länger auszuhalten. Wir haben viele Ukrainerinnen auf der Warteliste, aber uns fehlen die Freiwilligen.

Es besteht also momentan ein Engpass?
Ja, denn es ist schwierig, Leute zeitlich an etwas zu binden. Zu sagen, da bin ich jetzt zweimal im Monat zwei Stunden für dieses Projekt unterwegs, das gebe ich von meiner Zeit ab. Das ist die grösste Herausforderung. Es ist viel einfacher, nicht gebrauchte Gegenstände, Kleider abzugeben. Oder Geld zu spenden. Aber Zeit? Ich denke, Zeit ist das Wertvollste, das wir weitergeben können.

Wie sieht die Begleitung der Mentor*innen konkret aus?
Dass die Leute hier angekommen sind, heisst noch nicht, dass sie sich in der Schweiz schnell eingewöhnen. Es geht um die kleinen Fragen. Ein SBB-Ticket zu kaufen kann eine Herausforderung bedeuten. Da braucht es Ansprechpersonen, um ganz unkompliziert Fragen zu stellen. Manche Geflüchtete sind traumatisiert und mit dem täglichen Leben komplett überfordert. Sie brauchen vor allem Ablenkung. Wandern. Kaffee trinken an einem anderen Ort. Die Tandems werden auch bedüfnisorientiert vermittelt.

Und diese Alltagsbegleitung soll auf Augenhöhe stattfinden, sie hat also einen stark wertschätzenden Charakter.
Wertschätzung ist in der Freiwilligenarbeit überhaupt sehr wichtig. Die Geflüchteten kennen das gesellschaftliche Leben hier nicht, auch nicht die Schweizer Kultur, reden nicht die gleiche Sprache. Aber sie bringen ihr eigenes Wissen, ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit. Es sind erwachsene Menschen und sie brauchen Unterstützung im Kennenlernen der neuen Umgebung. Sie sind froh um Wegweiser. Entscheidungen liegen aber immer bei der Person selbst. Das muss auch so akzeptiert werden können.

Die Wertschätzung liegt auf verschiedenen Ebenen?
Ich spüre bei so vielen Ukrainerinnen, wie dankbar sie sind für dieses Projekt «zäme vorwärts», für die Begegnung. Dieses «Danke» fällt nicht in der grossen Öffentlichkeit, ich höre es im persönlichen Gespräch. Die Stimmen der Geflüchteten bestärken mich auch immer wieder in meinem eigenen Tun. Wenn ich von den Betroffenen selbst höre, was unsere Arbeit, was der Einsatz der Freiwilligen – also Zeit für Begegnungen – für sie bedeutet, dann spüre ich, wie wertvoll das Ganze ist. Und ich finde, man muss noch viel öfter sagen: Wenn wir im Kleinen etwas verändern, verändern wir auch die Welt.

 

Informationen für freiwillige Mentor*innen für Geflüchtete aus der Ukraine finden Sie unter caritas-luzern.ch/integrationsangebote

 

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